Nachruf: Prof. Dr. phil. Dr. h.c. mult. Ulrich Engel
Professor Dr. phil. Dr. h.c. mult. Ulrich Engel * 20.11.1928 – † 22.5.2020
Die Universidad de Santiago de Compostela (USC) und vor allem die Philologische Fakultät, insbesondere das germanistische Seminar, verabschiedet sich von Prof. Dr. Ulrich Engel, der 2002 von der USC mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde.
Seit 1995 existierte eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Prof. Ulrich Engel, die sich besonders in den folgenden drei Phasen zusammenfassen lässt:
(i) 1995 - 2002: Seit seinem ersten Besuch in Santiago de Compostela anlässlich einer Einladung zu der Tagung "Norm und Transgression in deutscher Sprache und Literatur" (Millet (ed.) 1996) hat sich die Zusammenarbeit mit Engel hauptsächlich in der Ausbildung und Förderung unseres wissenschaftlichen Nachwuchses geäußert. Engel wurde in das Doktorandenprogramm der Philologischen Fakultat der USC aufgenommen und kam mehrere Jahre hintereinander für Blockseminare und Gastvorträge an unsere Fakultät. Einige dieser Studierenden der ersten Jahrgänge unseres Germanistikstudiums sind heute Kollegen und Kolleginnen an unserer und anderen Fakultäten Spaniens. Viele andere sind als DaF-Lehrende an Gymnasien und offiziellen Sprachenschulen – hauptsächlich in Galicien, aber auch landesweit und sogar in Deutschland – tätig. Die Betreuung von Dissertationsarbeiten, gemeinsame Publikationen und die Entwicklung erster Ideen zu der Erstellung eines Deutsch-Spanischen Verbvalenzwörterbuches gehören außerdem in diese Zeit.
Nachdem Herrn Prof. Dr. Engel schon im Jahre 2000 die Ehrendoktorwürde von der Universitat Wroclaw [Breslau] verliehen wurde, wurde ihm 2002 auch von der Universität Santiago de Compostela diese Ehre zuteil. Das germanistische Seminar und v.a. der Gründer und damalige Lehrstuhlinhaber, Prof. Dr. Carlos Bujan, dankte Prof. Dr. Engel in seiner Laudatio neben seinen wissenschaftlichen Leistungen ganz besonders für sein unermüdliches Engagement in der Nachwuchsförderung, von der die germanistische Abteilung der USC nachhaltig und bis heute über mehrere Generationen hinweg profitieren konnte. Parallel wurde eine Tagung zu dem Thema „Valenz in Lexikon und Grammatik“ organisiert. Die Beiträge sind in dem Sammelband "Dependenz, Valenz und Wortstellung" vereint (Engel / Meliss (eds.) 2004). Diese Tagung bildete auch gleichzeitig den Auftakt für eine langjährige Forschungskooperation zwischen einigen Linguistinnen des germanistischen Seminars und Kolleginnen des Lehrstuhls für Spanische Sprache von Prof. Dr. Guillermo Rojo der Philologischen Fakultät der USC.
(ii) Diese Kooperation leitet die zweite Phase der Zusammenarbeit mit Professor Dr. Engel in Santiago ein. Das Ziel dieser sehr engen und intensiven Zusammenarbeit, die bis 2010 andauerte, war die Erstellung eines kontrastiven Verbvalenzwörterbuches für das Sprachenpaar Deutsch-Spanisch. Dieses Forschungsprojekt wurde von 2002 bis 2010 durch verschiedene Drittmittel der galizischen Landesregierung und des spanischen Bildungsministeriums gefördert. Informationen zu dem Projekt können unter folgendem Link eingesehen werden:
Der lexikografische Prototyp des kontrastiven spanisch-deutschen Verbvalenzwörterbuches (=DCVVEA) kann unter folgendem Link konsultiert werden: <https://gramatica.usc.es/proxectos/valencia/diccionario/>
iii) 2010 beginnt die dritte Phase, in der der Einfluss von Engel deutlich ausstrahlt, aber verschiedene Forschungsrichtungen einnimmt und Anlass für neue wissenschaftliche Wege ermöglicht. Dazu werden unterschiedliche lexikografische Projekte, die ab 2010 durch entsprechende Drittmittelförderungen an dem germanistischen Seminar der USC eingeworben werden konnten, in Angriff genommen. Die langjährige enge Zusammenarbeit mit Prof. Ulrich Engel hat eine Orientierung auf neue Gegenstandsbereiche, wie z.B. den Nominalbereich oder die Verbindung von Valenzgrammatik und Ansätzen der Konstruktionsgrammatik einerseits und der Framesemantik andererseits ermöglicht.
Die germanistische Linguistik in Santiago de Compostela ist im Laufe der letzten mehr als 25 Jahre dank der äußerst großzügigen und engagierten wissenschaftlichen Betreuung von Prof. Dr. Engel herangereift. Eine schrittweise eingeleitete Emanzipation von Engel ermöglichte aber auch das Beschreiten neuer Wege. Heute ist die germanistische Linguistik in Santiago durch verschiedene Forschungsprojekte international sehr gut aufgestellt und gut vernetzt. Auf dieses internationale Potenzial hat Engel schon 2002 in seiner Festrede zur Verleihung der Ehrendoktorwürde hingewiesen, als er erklärte, was ihn mit Santiago verbindet. Dieses Potenzial hat er durch seine langjährige Arbeit in Santiago direkt und indirekt gefördert und gestärkt.
Im Namen aller Kollegen und Kolleginnen aus Santiago und aus anderen Teilen Spaniens, aber auch aus Süd-, Ost-, West- und Nordeuropa – und aus aller Welt – im Namen aller derer, die das Privileg hatten, mit Engel zu arbeiten und von ihm zu lernen – danke ich Herrn Prof. Engel für die vielen Brücken, die er zu uns und mit uns gebaut hat – mit den vielen kleinen und großen Steinen, die er immer wieder in seinem Pilgergepack auf dem Weg zu uns dabei hatte. Diese soliden Strukturen bleiben beständig und aktivieren unser tägliches linguistisches Schaffen.
Prof. Dr. Meike Meliss (USC)
Weitere Informationen:
Nachruf des Direktors des IDS-Mannheim: <https://www1.ids-mannheim.de/index.php?id=4583>
Letzte Festschrift: Studia Germanica Gedanesnsia, 39. Valenz und Dependenz. Theorie und Praxis. Festschrift für Professor Ulrich Engel zum 90. Geburtstag, herausgegeben von Andrej Kątny. Danzig: Universität Danzig. open access - PDF
Lebenslauf: U. Engel in: Studia Germanica Gedanensia 41, Danzig: Universität Danzig, 193-202. open access - PDF
Festakt zum 90. Geburtstag am IDS-Mannheim 2018:
Laudatio: Meliss, Meike (2019): Uns was kommt danach? Kontrastive Projekte und linguistische Pilgerreisen: Ein persönlicher Blick auf fast drei Dekaden Forschung von Ulrich Engel. - Studia Germanica Gedanensia 41, Danzig: Universität Danzig, 203-214. open access - PDF
Bericht von J. Taborek in Sprachreport 35/2019.
Info: Aktuelles: COMBIDIGILEX